Modell zur Nachverfolgung von Wachstumsphasen von Unternehmen und Organisationen

Nach der sogenannten Greiner-Kurve durchlaufen Organisationen sechs Wachstumsstadien in ihrer Unternehmensentwicklung:

1. Wachstum durch Kreativität:

Charakteristisch für diese Phase von Start-up-Unternehmen ist die unternehmerische Art, Entscheidungen zu fällen, was formlose Kommunikationsformen, eine hohe intrinsische Motivation der Mitarbeiter und ein hohes Engagement der Mitarbeiter in Form von Anerkennung der „höheren Ziele“ des Unternehmens mit sich bringt. Die Phase wird meist durch eine Führungskrise beendet und leitet, bei Überwindung der Schwierigkeiten, die nächste Phase des Wachstums ein. Die Krise wird durch die formlose Art der Unternehmensführung hervorgerufen: Es müssen effizientere Produktionswege etabliert werden, um die steigenden Stückzahlen ausbringen zu können, es muss neues Kapital akquiriert werden, um in die notwendigen Ressourcen investieren zu können, und es müssen stärker formalisierte Strukturen und Prozesse etabliert werden.

2. Wachstum durch Führung:

Unternehmen, welche ihre erste Führungskrise erfolgreich überwunden haben, bahnen sich durch eine gezielte Führung der Unternehmung ihren Weg des Wachstums in dieser zweiten Phase. Das Wirken der neuen Führung zeichnet sich durch eine funktionale Trennung einzelner Tätigkeiten aus (Marketing, Produktion usw.), es wird größerer Wert auf Controlling gelegt, wodurch die Mitbestimmung der Mitarbeiter sinkt (Command & Control). Mitarbeiter und Manager auf den unteren Hierarchieebenen fehlt es nun an Entscheidungskompetenz. Das Wachstum der Unternehmung stößt somit durch fehlende Autonomie der Mitarbeiter auf den unteren Hierarchiestufen an seine Grenzen.

3. Wachstum durch Delegation:

Die dritte Phase wird eingeläutet durch die erfolgreiche Implementierung einer dezentralen Organisationsstruktur. Die Merkmale dieser Phase sind: Schulung und Kompetenzübergabe von Entscheidungen an niedrigere Hierarchieebenen, Ausrichtung der Anreizsysteme auf individuelle Leistungssteigerung, Management by Objectives, Etablierung von Profit Centern, Akquirierung und Integration von passenden externen Unternehmenseinheiten. Das mittlere Management kommt der Notwendigkeit der internen Abstimmung und damit einhergehendem Verzicht auf Entscheidungsgewalt nicht nach. Das Wachstum stößt damit durch fehlende Abstimmung einzelner Verantwortungsträger an seine Grenzen.

4. Wachstum durch Koordination:

Die vierte Phase erreicht das Unternehmen durch stärkere Koordination. Diese erfolgt durch die organisatorische Neugruppierung in Produkt-/Kundengruppen. Durch zentralistisch gesteuerte Kontrollmechanismen aus dem Hauptsitz der Unternehmung wird ein höherer Grad an Abstimmung in den Niederlassungen forciert. Gemeinsam nutzbare Ressourcen werden den Profit Centern als unternehmensinterne Serviceleistungen zur Verfügung gestellt. Partnersysteme und Unternehmensbeteiligungen (etwa durch Aktienoptionen) binden die Mitarbeiter auf allen Hierarchieebenen an das Unternehmen. Durch die einseitige Berichterstattung und Anweisungen aus dem Hauptsitz stoßen regionale Niederlassungen an ihre Grenzen, die lokalen Kundenwünsche effizient und effektiv zu erfüllen.

5. Wachstum durch Kollaboration:

Die fünfte Phase des Wachstums wird eingeläutet durch einen Abbau der Kontrollmechanismen und stärkere Wertlegung auf individuelle Entscheidungsfreiheit für Mitarbeiter. Soziale Kontrolle und Selbstmotivation ersetzen das rigide Regelwerk. Manager, die vormals verantwortlich für die Etablierung der Kontrollmechanismen zeichneten, müssen nun empathisch führen und hierfür geschult werden. Die Organisation der Unternehmung wird durch eine Matrixorganisation agiler, legt großen Wert auf Teamarbeit und integriert Experten in interdisziplinäre Teams. In dieser letzten Phase des Wachstums müssen Unternehmen wieder eine organisatorische und finanzielle Wachstumsgrenze überwinden.

6. Wachstum durch Allianzen:

In dieser vorerst letzten Phase wird Unternehmenswachstum durch Allianzen erzielt. Unternehmen sind in ihrem organisationalen Reifegrad an ihr Maximum gestoßen und können kein organisches Wachstum auf effizientem Wege erzielen. Mitarbeiter sind mit der hohen Belastung, welche aus intensiver Teamarbeit und dauerhaftem Innovationszwang entstehen, überfordert und weitere Geschäftsmodelle können nicht wertfördernd integriert werden. Aus diesem Grunde formen bereits effizient arbeitende, unabhängige Unternehmen Allianzen, um Marktanteile virtuell zu sichern und die Schwelle für neue Markteintritte zu erhöhen.

Quelle: Larry E. Greiner, Evolution and revolution as organizations grow: A company’s past has clues for management that are critical to future success, in: Harvard Business Review. Juli/August 1972, S. 40 ff.